Täuschung als Mittel der Politik im Bezirk Eimsbüttel
TRICK FACTORY EIMSBUETTEL:Warten auf den Un-/ZulässigkeitsbescheidDas Bürgerbegehren "Für die Respektierung des Bürgerwillens in Eimsbüttel!" ist zustande gekommen. Das hat das Bezirksamt Eimsbüttel den Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens nach Überprüfung der am 1. Februar 2010 abgegebenen 9.500 unterstützenden Unterschriften mitgeteilt. Bisher fehlt noch der Bescheid über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Damit tut sich dieses Bezirksamt erfahrungsgemäß schwer. Einen ordentlichen Zulässigkeitsbescheid für das vorangehende Bürgerbegehren "Hände weg vom Isebek!" legte das Bezirksamt erst mit fünfmonatiger Verspätung vor, nachdem es vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht dazu aufgefordert worden war. Die Geschichte der beiden Bürgerbegehren liest sich fast wie ein Kriminalroman. Es geht ums Geld, um viel Geld. Und alle wollen daran teilhaben. Ein Investor möchte 20 Millionen Euro in den Bau eines riesigen Bürokomplexes mit Tiefgarage und Fastfood-Restaurant am Isebekkanal investieren. Die Finanzbehörde will dabei ein lukratives städtisches Grundstück zum Höchstpreis veräußern und privatisieren, das bisher im geltenden Baustufenplan zum Nutzen der Allgemeinheit als öffentliche Grünanlage vorgesehen ist. Der Bezirk möchte eine Belohnung aus dem millionenschweren Anreizsystem mit Namen Förderfonds Bezirke dafür kassieren, dass er eine Grün- und Freifläche mit einem wertvollen Gehölzbiotop "nachfragegerecht verfügbar" macht. Und Immobilienhändler sind fasziniert von dieser weiteren Büroimmobilie, die trotz des Leerstandes von einer Millionen Quadratmetern Gewerbefläche in Hamburg aufgrund ihrer "Wasserlage" und "grünen Randlage" eine hohe Rendite verspricht. Statt die handfesten finanziellen Interessen hinter dem geplanten Vorhaben offen zuzugeben, sprechen einige Befürworter dieses städtebaulich und ökologisch fragwürdigen Bauobjekts gern von Gemeinwohl und Arbeitsplätzen. Ihre Rhetorik erinnert in peinlicher Weise an die Verteidigung der kürzlich unter fragwürdigen Umständen durchgedrückten Steuersenkungen für das Hotelgewerbe. Auffällig sind die Hartnäckigkeit und die hohe juristische Energie, die Bezirksamt und Bezirksversammlung aufwendeten, um den nun schon zweimal mit zehntausenden Unterschriften beantragten Bürgerentscheid gegen die geplanten Abholzungen und Bebauungen zu verhindern und um die klar formulierte Ablehnung des Bürogebäudebaus aus dem Bürgerbegehrenstext "verschwinden" zu lassen. Unvollständige amtliche Bekanntmachung des Bürgerbegehrens In der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung des Bürgerbegehrens "Hände weg vom Isebek!" im Amtlichen Anzeiger am 12.9.2008 fehlte der wichtige Textteil "Ziel und Begründung des Begehrens", in dem die Ablehnung des überdimensionierten Bürogebäudes am Isebekkanal als zentraler Teil des Bürgerbegehrens ausdrücklich genannt war. Erst nach Abmahnung des Bezirksamtes wurde dann am 19.9.2009 der vollständige Text des Bürgerbegehrens amtlich bekannt gemacht. Vorgetäuschter Zulässigkeitsbescheid Ungesetzlich war auch der als Zulässigkeitserklärung bezeichnete Bescheid des Bezirksamtes vom 23.1.2009. Statt die Zulässigkeit des amtlich veröffentlichten und von 12.590 Bürgern unterzeichneten Bürgerbegehrenstextes ordnungsgemäß zu bestätigen, hatte das Bezirksamt den Text kurzerhand durch einen eigenen ersetzt und dieses selbst verfasste "Bezirksamtsbegehren" dann für zulässig erklärt. Die Bürgerforderungen waren so zu unverbindlichen Empfehlungen verfälscht, das abgelehnte Bürohochhaus war nicht erwähnt. Diese als Zulässigkeitserklärung getarnte Ablehnung des Bürgerbegehrens durch das Bezirksamt war auch laut Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14.4.2009 "in jedem Fall rechtswidrig". Erste vorgetäuschte Zustimmung der Bezirksversammlung zum Bürgerbegehren Am 26.2.2009 stimmte die Bezirksversammlung Eimsbüttel fast einstimmig dem vom Bezirksamt verfälschten Text des Bürgerbegehrens "Hände weg vom Isebek!" zu und verhinderte damit den Bürgerentscheid. Missbraucht wurde mit dieser Abstimmung eine Regelung des § 32 Absatz 7 des Bezirksverwaltungsgesetzes, wonach ein Bürgerentscheid nicht stattfindet, wenn die Bezirksversammlung dem Anliegen des Bürgerbegehrens unverändert zustimmt. Im vorliegenden Fall war der zur Abstimmung gestellte Bürgerbegehrenstext weder unverändert, noch war die Zustimmung ehrlich gemeint (wie vom Bezirksverwaltungsgesetz ohne Zweifel vorausgesetzt). Schon am darauffolgenden Tag berichtete der Bezirksversammlungs-Vorsitzende dem Hamburger Abendblatt - im Gegensatz zur Abstimmung der Bezirksversammlung, die auf jede Bebauung verzichtet hatte -, "dem Beschluss zufolge" solle nun doch ein "Hoheluftcontor" am Isebekkanal gebaut werden. Und genau dies wurde am 31.3.2009 einstimmig vom Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung empfohlen. Der bevorstehende Wortbruch des Bezirksparlaments ließ sich gerade noch durch eine einstweilige Anordnung verhindern. Zweite vorgetäuschte Zustimmung der Bezirksversammlung zum Bürgerbegehren Nachdem das Bezirksamt am 26.6.2009 - in Befolgung eines Beschlusses des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichtes vom 10.6.2009 - das Bürgerbegehren "Hände weg vom Isebek!" in unveränderter Form für zulässig erklärt hatte, stimmte die Bezirksversammlung, vertreten durch ihren Hauptausschuss, am 13.8.2009 dem Bürgerbegehren "Hände weg vom Isebek!" erneut und diesmal vollständig zu. Beschlossen wurde damit, "auf die geplanten Gehölzrodungen und Bebauungen zwischen Isebekkanal und U-Bahnhof Hoheluftbrücke zu verzichten und diesen Bereich gemäß geltendem Baustufenplan Harvestehude Rotherbaum als Öffentliche Grünanlage auszuweisen". Doch nun sprachen die Fraktionssprecher der CDU, SPD und GAL bereits vor der Abstimmung offen aus, dass die vollständige Zustimmung zum Bürgerbegehren erneut vorgetäuscht werden sollte. Lediglich der FDP-Fraktionsvorsitzende erklärte, seine Fraktion "sei nicht damit einverstanden, den Bürgerentscheid durch Zustimmung zu beenden, um sodann durch Weiterführung des Bebauungsplanverfahrens im Abwägungsprozess zu Entscheidungen zu gelangen, die das Bürgerbegehren so gar nicht wolle. Damit werde das Begehren ausgehebelt". Vor der Bundestagswahl bewahrten die Bezirksfraktionen der CDU, SPD und GAL noch Stillschweigen über den geplanten Wortbruch, doch bereits zwei Tage nach der Wahl präsentierte das Bezirksamt eine Beschlussvorlage, nach der zuerst der Stadtplanungsausschuss und dann am 29.10.2009 die Bezirksversammlung den soeben noch abgelehnten Rodungen und Bebauungen zwischen Isebekkanal und U-Bahnhof Hoheluftbrücke zustimmen sollten. Bürgerbegehren gegen die Täuschungspolitik der Eimsbütteler Bezirksversammlung Auf diesen offen vorgeführten, wiederholten Wortbruch hat die Isebek-Initiative mit einem neuen Bürgerbegehren reagiert. Sie hat dabei den Tatbestand der Täuschung und der Missachtung der Bürgerrechte selbst zum Thema des Bürgerbegehrens gemacht; es heißt deshalb: "Für die Respektierung des Bürgerwillens in Eimsbüttel!". Das neue Bürgerbegehren erreichte am 29. Oktober 2009 ein Drittel der notwendigen Unterschriften - das "Drittelquorum" - und konnte damit eine vorläufige Sperrwirkung gegen den erneut geplanten Wortbruch der Bezirksversammlung durchsetzen. Nach Abgabe von insgesamt 9.500 Unterschriften am 1. Februar 2010 bestätigte das Bezirksamt inzwischen zwar das "Zustandekommen" des Bürgerbegehrens, hielt jedoch den Zulässigkeitsbescheid zunächst zurück. Man darf gespannt sein, was sich die Bezirksjuristen diesmal einfallen lassen, um den längst fälligen Bürgerentscheid doch noch zu sabotieren. Postskriptum Inzwischen liegt - oh Wunder! - auch der Zulässigkeitsbescheid des Bezirksamtes vor. Der Bürgerentscheid "Für die Respektierung des Bürgerwillens in Eimsbüttel!" wird voraussichtlich am 1. Juli 2010 stattfinden. |
Zum lesen und anschauenAktuelle Einträge
Blog abonnieren |
Powered by Serendipity 1.7.3.
Design by Carl Galloway.