Eimsbütteler Kleinod
Der Ufergehölzsaum am Isebekkanal
als Gesetzlich geschützter Biotop
Der Ufergehölzsaum am Isebekkanal in Hamburg-Eimsbüttel
ist der ökologisch wertvollste Bestandteil des Isebek-Parks zwischen Weidenstieg und Hoheluftbrücke. Die Einrichtung und naturnahe Gestaltung des Parks wurden von der Bezirksversammlung Eimsbüttel aufgrund eines Bürgerbegehrens beschlossen. Ein dazu aufgestellter Pflege- und Entwicklungsplan wird derzeit umgesetzt. Aufgrund seiner Naturnähe, seiner biologischen Vielfalt und seiner Bedeutung für das artenreiche Isebek-Gewässer genießt der Ufergehölzsaum besonderen Schutz. Er soll nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) als Geschützter Landschaftsbestandteil ausgewiesen werden. Schon jetzt ist er gemäß § 30 BNatSchG ein Gesetzlich geschützter Biotop.
Wegen seines beachtlichen Grünvolumens hat der Ufergehölzsaum am Isebekkanal eine große Bedeutung als Frischluftentstehungsgebiet (Grüne Lunge) und damit als klimatischer Ausgleichsraum für die umgebenden, vegetationsarmen Stadtteile. Die prächtige grüne Kulisse der Ufergehölze schafft eine wohltuende Belebung und ästhetische Aufwertung des Landschaftsbildes zwischen den eng bebauten Quartieren. Auch leistet der dichte Ufergehölzsaum einen wichtigen Beitrag zur Abwehr schädlicher Einwirkungen auf den in seiner Wasserqualität zu verbessernden Isebekkanal. Mit seiner üppigen, naturnahen Vegetation hat der Ufergehölzsaum am Isebekkanal einen hohen Stellenwert als innerstädtische Lebensstätte für wild lebende Tier- und Pflanzenarten und für den Biotopverbund in Hamburg. Dem trägt seine Unterschutzstellung nach § 29 und § 30 BNatSchG Rechnung.
Gesetzesgrundlage
Nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz , Absatz 1, sind
"bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, … gesetzlich geschützt" (§ 30 Abs. 1 BNatSchG).
"Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung [dieser] Biotope führen können, sind verboten" (§ 30 Abs. 2 BNatSchG).
Zu den Gesetzlich geschützten Biotopen gehören unter anderem
- "natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation …" (§ 30 Abs. 2 Ziff. 1 BNatSchG und § 14 HmbBNatSchAG, Anlage, Ziff. 1).
Für natürliche und naturnahe Fließgewässer gilt unter anderem:
- "Geschützt sind ebenfalls natürliche oder naturnahe Bereiche von im Übrigen ausgebauten Fließgewässern. Eingeschlossen in den Schutz sind die … gewässerbegleitende natürliche oder naturnahe Vegetation … und die Uferböschungen inklusive eines wenigstens 1 m breiten Randstreifens oberhalb der Böschungsoberkante" (Ziff. 1.1 der Anlage zum HmbBNatSchAG).
Für natürliche oder naturnahe stehende Gewässer (Stillgewässer) gilt unter anderem:
- "Als naturnah … werden auch Gewässer angesehen, die eine besondere zoologische Bedeutung … haben. Der gesetzliche Schutz umfasst neben dem Gewässer auch die vom Gewässer geprägten (episodisch überschwemmten oder in der Vegetation von hohen Grundwasserständen geprägten) Randstreifen bis mindestens 1 m über die Böschungsoberkante hinaus und naturnahe und natürliche Teilabschnitte von sonst verbauten oder naturfern gestalteten Gewässern" (Ziff. 1.2 der Anlage zum HmbBNatSchAG).
In der [Anleitung für die Biotopkartierung Hamburg](http://www.hamburg.de/contentblob/1159602/data/download-kartieranleitung-und-biotoptypenschluessel-fuer-diebiotopkartierung- in-hamburg.pdf) heißt es ergänzend:
- "Alle vom Gewässer beeinflussten Gehölzsäume an naturnahen Still- und Fließgewässern stehen unter Schutz nach § 30 BNatSchG, wenn sie überwiegend aus heimischen Arten bestehen".
Isebekkanal
Der Isebekkanal zwischen Weidenstieg und Hoheluftbrücke ist den stehenden Gewässern zuzuordnen. Allerdings gibt es einen kontinuierlichen Abfluss zur Alster hin:
durch Grundwasserzuflüsse aus südöstlicher Richtung ab Weidenstieg, wie aus der hydrogeologischen Grundwassergleichen-Karte abzulesen ist (der Isebekkanal hat dadurch Gemeinsamkeiten mit grundwassergeprägten Tieflandbächen);
durch den Zufluss der Ottersbek, die auf der Hamburger Arten- und Biotopschutzkarte als Verbindungsbiotop der Bäche und Gräben eingezeichnet ist.
Folgende Merkmale qualifizieren den Isebekkanal und seinen Ufergehölzsaum als Gesetzlich geschützten Biotop nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz:
1. Artenreichtum des Isebek-Gewässers
Mit 32 Süßwasser-Schnecken und –Muschelarten, 20 Fischarten und 17-18 beobachteten Libellenarten gehört der Isebekkanal zu den artenreichsten Gewässern des Alstersystems.
Einen wesentlichen Beitrag für diesen Artenreichtum leistet die Beschattung des Gewässers durch den üppigen Ufergehölzsaum:
"Ufergehölze dienen der Beschattung der Wasseroberfläche. Die niedrige Wassertemperatur und der reduzierte Lichteinfall [erhöhen] die Sauerstoffkonzentration im Wasser. …Ufergehölze reduzieren den Aufwand für die Gewässerunterhaltung und machen viele Eingriffe in die Lebensgemeinschaften des Gewässers durch Beschattung [und] Uferstabilisierung … überflüssig." (Landkreis Bautzen 2014)
"Schatten kann für Fische und Kleinlebewesen überlebenswichtig sein. … Die Wassertemperatur [lässt sich] durch Beschattungen um bis zu 4°C senken." (WWF Schweiz 2010)
"Eine der wichtigsten positiven Eigenschaften von Gewässerrandstreifen ist die Beschattung der Gewässer. … Durch die Verminderung der Sonneneinstrahlung wird die sommerliche Erwärmung verringert und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Existenz sommerkühler Fließgewässer geschaffen. Kühle, weitgehend beschattete Fließgewässer sind in den hiesigen Breiten als naturraumtypisch einzustufen und die aquatische Flora und Fauna sind am besten auf diese Bedingungen angepasst." (Land Brandenburg 1997)
Einen weiteren, wichtigen Beitrag für das aquatische Ökosystem erbringt der Ufergehölzsaum durch den Eintrag von Laub und Totholz in das Gewässer. Das gilt im Besonderen für die am Isebek-Ufer häufig vorkommenden Erlen:
- "Für das Ökosystem Fließgewässer haben Erlen eine besondere Bedeutung: … Erlen können mit Hilfe von Knöllchenbakterien Luftstickstoff zur Eiweißsynthese verwenden. Daher ist Erlenlaub besonders eiweißreich und stellt damit die wichtigste Nahrungsgrundlage für die Fließgewässerfauna." (NLWKN 2006)
2. Artenreichtum des Ufergehölzsaums
Mit seinen 101 Gefäßpflanzenarten, davon 52 Gehölzarten, ist auch der Ufergehölzsaum selbst überaus artenreich. Entsprechend groß ist die Artenvielfalt bei den näher untersuchten Tiergruppen, die vor allem auch im Ufergehölzsaum und in den von ihm beschatteten Gewässerbereichen vorkommen: 8 Fledermausarten sowie 88 Vogelarten, davon 36 als Brutvögel.
3. Naturnähe des Ufergehölzsaums
Die Einstufung des Ufergehölzsaums als "wertvoll (6)" bei der amtlichen Biotopkartierung Hamburg beruht vor allem auch auf seiner besonderen Naturnähe. Dazu heißt es in den Erhebungsbögen (1, 2) der Biotopkartierung unter anderem:
- "Dominanz von heimischen Laubgehölzen. Wertvoller Altbaumbestand (Vorkommen von Altholz). Naturverjüngung. … Wegen naturnaher Struktur wichtiges Vogelbrutgebiet. Zoologisch sehr wertvoll."
Das Zulassen einer eigendynamischen Entwicklung des Ufergehölzsaums, wie sie für den Pflege- und Entwicklungsplan für den Isebek-Park beschlossen wurde, wird die Naturnähe dieser "urbanen Wildnis" im Sinne des § 30 BNatSchG weiter erhöhen.
Umsetzung des Schutzes nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz
Die naturschutzfachliche Feststellung des Schutzstatus des Ufergehölzsaums am Isebek-kanal, wie oben dargelegt, hat sofortige Konsequenzen für den Umgang mit diesem Biotop. Denn nach dem neuesten Kommentar zum Bundesnaturschutzgesetz
- "zeitigt § 30 einen gesetzesunmittelbaren Schutz, ohne dass es einer förmlichen Festsetzung durch Verwaltungsverfahren einschließlich kartografischer Erfassung bedarf. Der Eintrag in eine Biotopliste, die Erfassung über Biotopkartierung oder anderweitige Registrierung sind daneben nicht erforderlich und wirken lediglich deklaratorisch. Die Vorschrift erzeugt damit einen unmittelbar wirkenden, quasi absoluten Schutz bestimmter "Tabubiotope", welcher über die Eingriffsregelung (§§ 14 ff. BNatSchG) und den Gebiets- und Objektschutz (§§ 22-29 BNatSchG) hinausgeht." (Frenz & Müggenborg 2016)
Der Ufergehölzsaum am Isebekkanal ist daher bereits jetzt als Gesetzlich geschützter Biotop nach § 30 BNatSchG zu behandeln und entsprechend von beeinträchtigenden Nutzungen frei zu halten.